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Dr. Irene Selle und Moritz Reininghaus...

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Dr. Irene Selle und Moritz Reininghaus über Rudolf Schottlaender ...

... am 29. Januar 2020 bei "Live bei Kleist" in der Heinrich von Kleist-Bibliothek in der Havemannstraße 17 zu erleben, war in vielerlei Hinsicht ein wahrer Genuß, den sich viele Zuhörerinnen und Zuhörer nicht entgehen lassen wollten. Die Bibliothek war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Spannung war groß.

Der Philosoph Schottlaender (geb. 05.08.1900, gest. 04.01.1988) war zu allen Zeiten seines Daseins ein "Unangepaßter". Seine Tochter Dr. Irene Selle - selbst zeitweilig in Marzahn lebend - und der Mitherausgeber Moritz Reininghaus lasen Passagen aus dem Werk "Deutschsein fünfmal anders" sowie aus Briefen Schottlaenders an bedeutende philosophische Persönlichkeiten der jeweiligen Zeit und warfen sich dabei geschickt die Bälle zu. An diesem Abend traf mit den beiden Protagonisten studierte und gelebte Literaturwissenschaft aufeinander.

Schottlaender verließ frühzeitig die jüdische Gemeinde und überstand die NS-Zeit nur mit Glück. Nach dem 2. Weltkrieg unterrichtete er in Berlin und ab 1947 in Dresden. Sein politisches Unangepaßtsein sorgte 1949 für seine Entlassung. Anschließend lehrte er in West-Berlin. Während des Kalten Krieges bemühte er sich um Signale zur DDR; was seine Suspendierung nach sich zog und ihn veranlaßte, 1959 eine Professur für römische Literatur an der Humboldt-Universität anzunehmen. Schottlaender wurde somit zum "Grenzgänger", der in Ost-Berlin seiner beruflichen Tätigkeit nachging und mit seiner Familie in West-Berlin lebte. Im herkömmlichen Sinne waren unter "Grenzgänger" berufstätige Personen zu verstehen, deren Vita genau in die entgegengesetzte Richtung wies.

Der Abend war nicht nur für den Kiezredakteur hochspannend. Die Besucherinnen und Besucher dankten Dr. Irene Selle und Moritz Reininghaus mit viel Beifall.

(Gegen fotografische Aufnahmen mit anschließender Veröffentlichung auf dem Onlineportal des QMs Marzahn NordWest gab es keine Einwände.)