Der Kiezredakteur Rolf A. Götte führte mit Joachim Krauß, ab Januar 2019 Quartiersmanager von Marzahn NordWest, ein Gespräch, das interessierte Bürger*innen auf dem Onlineportal nachlesen können.
Guten Tag Herr Krauß, herzlich willkommen in Marzahn NordWest!
Guten Tag Herr Götte, vielen Dank dafür.
Sie sind seit etwas über zwei Wochen nun im Dienst. Was sind Ihre ersten Eindrücke?
Ich bin hier sehr freundlich aufgenommen und in den Stadtteil eingeführt worden. Mein erster Eindruck ist, trotz der Jahreszeit, dass es hier viel Raum für Stadtgrün gibt. Da hatte ich andere Erinnerungen. Als ich in den achtziger Jahren in Marzahn wohnte, da war an gepflegte Grünanlagen nicht zu denken. Es waren die Baugruben und unbefestigte Wege, daran erinnere ich mich. Das Quartier hier gab es so noch gar nicht. Für uns als Kinder war es ein großer Abenteuerspielplatz mit den oft unzureichend gesicherten Baustellen. Ansonsten habe ich in den ersten Tagen viele neue und sehr freundliche Menschen und ihre Aktivitäten im und für den Stadtteil kennengelernt. Es gibt ein fundiertes Wissen zum Leben hier und eine gute Zuammenarbeit. So ist mein erster Eindruck.
Erzählen Sie etwas von sich, wo kommen Sie her, was haben Sie bisher gemacht?
Geboren bin ich in Weimar, aufgewachsen bin ich dort und hier. Ich habe eine sozialwissenschaftliche Ausbildung hier in Berlin abgeschlossen und lange wissenschaftlich gearbeitet. Über ein Forschungsprojekt bin ich dann nach Duisburg gegangen und wurde über mehrere Jahre zum Berufspendler. Dort habe ich auch meinen Tätigkeitsbereich gewechselt. Zuletzt habe ich bei einem Wohlfahrtsverband den Bereich Migration und Integration geleitet. Dabei fiel auch die sozialräumliche Arbeit in mein Aufgabengebiet. Ich konnte da einschlägige Erfahrungen mit der Umsetzung des Programms Soziale Stadt machen, durchaus auch mit Dingen, die weniger gut funktionieren.
Welche? Haben Sie Beispiele?
Prinzipiell finde ich den Ansatz sehr gut, dass die Arbeit in den Quartieren ganz grundlegend ist für eine nachhaltige und demokratische Stadtentwicklung. Tja, und dann beginnt der Aushandlungsprozess zwischen den Beteiligten: Politik, Verwaltung, Professionelle und Bürger*innen. Vieles ist in der Planung zu sehr vom Schreibtisch gedacht. In der Umsetzung treffen dann Planung und Wirklichkeit aufeinander. Da kommt es zu Interessenkonflikten und Missverständnissen, hier sind alle Beteiligten gefordert.
Was funktioniert denn gut oder auch hier vielleicht besser oder schlechter als dort?
Ohne jetzt über die Umsetzung urteilen zu können, sehe ich die gute Verankerung im Kiez hier als eine Stärke. Auch, dass hier unabhängige Träger mit der Umsetzung beauftragt sind, ist ein großer Vorteil. In Duisburg ist es eigentlich ein städtischer Träger und es wird sehr viel interessengeleiteter und politisch motiviert in die Umsetzung eingegriffen. Außerdem existiert dort eine große Dominanz der Investition in Gebautes, eine schöne Fassade kann manches überdecken. Hier sehe ich die sozialen Träger und bürgerschaftlichen Initiativen deutlich zentraler im gesamten Prozess.
Sie kommen ja nun zu einem Zeitpunkt, wo mit der Verstetigung das Ende des Verfahrens zum Dezember des nächsten Jahres bereits absehbar ist. Was motiviert Sie? Worin sehen Sie die Aufgaben bis dahin?
Der Fokus liegt auf der Organisation der Bürgerbeteiligung. Ich denke, man sollte jetzt nicht in eine Art Depression verfallen, nach dem Motto, was soll nur werden nach der Verstetigung? Die Entscheidung ist gefallen und man kann damit nur selbstbewußt umgehen. Es ist an den Aktiven, dafür zu sorgen, dass der Stadtteil nicht aus dem Fokus gerät und die Anliegen der Bürger*innen Gehör finden. Für das QM-Team verändert sich damit auch die Aufgabe. Wir gehen jetzt durch eine Übergangsphase, in der wir Unterstützung geben und moderieren. In Vorbereitung auf meine Tätigkeit hier bin ich Berichte zur Verstetigung in anderen Quartieren durchgegangen. Dabei bin ich auf einen Interview-Ausschnitt gestoßen, den ich gerne als Leitgedanke aufnehme. Darin heißt es: "Für das Quartier ist es sinnlos in Feindbildern zu denken und es ist persönlich mühsam. Am Ende geht es nur kooperativ und solidarisch." Wenn uns das bei der Überleitung in eine wie auch immer gut organisierte Form der Bürgerbeteiligung gelingt, dann ist es ein Erfolg. Aber es geht nur mit den Bürger*innen hier.
Dann wünscht Ihnen der Kiezredakteur in diesem Sinne viel Erfolg bei Ihrer neuen Tätigkeit und dankt für das Gespräch.